Der Furor der deutschen Postuberwachungsstellen

Wir erhalten aus Stettin nachfolgendes Schreiben, das wir unter Weglassung unwesentlicher Stellen veröffentlichen und das keines weiteren Kommentars bedarf. Unter Korrespondent schreibt:
„Ich habe dort einen Sohn, der auf der Danziger Werft als Betriebsingenieur tätig ist. Dieser hat mir nun von dort Marken schicken wollen, dieselben aber stets von der Zensurstelle zurück erhalten. Nun habe ich mir einige – ich bin Seemaschinist – durch einen Kollegen nur zu Tauschzwecken mitbringen lassen. Unser gegenseitiger Briefwechsel ist – man höre – nun von der Zensurstelle mit der Maschine abgeschrieben, abgeklatscht (ich hatte darin um Übersendung von Marken gebeten und den Schiffsnamen und des Kollegen Namen genannt) und der hiesigen Zollbehörde übersandt worden! Diese hat den Brief bei ihren Beamten im hiesigen Freihafen zirkulieren lassen, um, damit die eventuelle Einfuhr der Marken zu verfolgen. Ein Beamter hat es nun nicht unterlassen können, den betreffenden Kollegen so in Angst zu setzen, dass dieser auf mein Bitten mir rundweg abschlug, ferner Marken mitzubringen. Wie der Beamte ihm gesagt habe, würde er mit Gefängnis bestraft, und von ab auch seine Post heimlich von der Zensurstelle geöffnet werden. Ich war bisher der Meinung, dass solche Sachen geheim gehalten werden von der Behörde und den Beamten – aber weit gefehlt.
Ich hatte nun an den Herrn Reichskommissar geschrieben und angefragt, ob ich die Erlaubnis bekäme, mir von meinem Sohne von dort Marken nur zu Tauschzwecken schicken zu lassen. Als Antwort erhielt ich den verklausulierten Bescheid mit den ganz unhaltbaren Bestimmungen.
Was ist Ihre Meinung? Ärmer wird Deutschland gewiss nicht durch diese paar Marken zu Tausch-zwecken, noch dazu aus einer Stadt, die so lange deutsch war und wo wir alle Deutsche sind.“ A.L. Stettin.

Danzig