Etwas über Vereinsberichte

Nach einem Vortrag auf dem 18. Sammlertage zu Hannover.
von
Carl Beck, Berlin.

Die neueste Nummer der Briefmarkenzeitung „Vereinsorgan des N.N. Briefmarkensammlervereins in X“ ist erschienen. Zuerst greifen die Mitglieder mit einem Griff zu jenen Seiten, wo die Angebote stehen, nachher werden die Neuheiten gelesen, evtl. wirft auch der eine oder andere noch einen Blick in den Leitartikel, konstatiert noch, dass der letzte Vereinssitzungsbericht gebracht worden ist, und dann ist die neue Nummer für die meisten erledigt. Nur der Schriftführer des Vereins überprüft monatlich den Sitzungsbericht und freut sich, dass er diese Arbeit glücklich hinter sich gebracht hat. Denn Arbeit macht es zweifellos, aber mit der Arbeit allein ist es nicht getan. Es geht hier vor allem um den Inhalt, der Vereinsberichte, und da muss man leider feststellen, dass ein großer Teil ungefähr so aussieht: – Anwesend waren soundso viele Mitglieder: Grußkarten liegen ein von dem und dem; Neuheiten legten vor Herr X und Herr Y (welche Neuheiten wurden der staunenden Mitwelt nicht mitgeteilt. Zur Aufnahme vorgeschlagen Herr Z; aufgenommen wurde Herr T. die Mitglieder begrüßten ihn durch einen kräftigen Schluck. Es entspann sich ein reger Tauschverkehr. Herr B. legte Teile seiner großen Botokuden-Sammlung vor. Herr D. hielt einen sehr interessanten Vortrag über Ixland. Schluss der Sitzung ? Uhr
Das geht so mit löblicher Abwechselung durch hundert Sitzungsprotokolle hindurch. Derartige Berichte mögen einen hohen Reiz ausüben auf Mitglieder, die ein 50jähriges Vereinsjubiläum hinter sich haben und jede Aufregung vermeiden müssen, aber für den ernsthaften Philatelisten, der evtl. vor hat, als Mitglied in den oder jenen Verein einzutreten, wirken solche „Berichte“ abschreckend.
Die Berichte können nicht entbehrt werden, weil zu Wichtiges für den Verein, wie auch für die Versammlung enthalten, und sie sind notwendig, weil darin die Tätigkeit des ersteren niedergelegt ist und die Versammlung erfahren soll und muss, was getan worden und auch zu tun ist. Die Berichte, die in den Tageszeitungen veröffentlicht werden, geben nach außen Nachricht Leben des Vereins und Anregung zur Hebung und Förderung desselben.
Der Vereinsbericht hat also nach drei Seiten zu wirken, und muss um diesem gerecht zu werden, auch ein dreifaches Gewand erhalten; denn vieles was für den Verein taugt, ist nicht passend zur Veröffentlichung in der Fachzeitung, oder was für beide zur Aufnahme geeignet ist, passt nicht in die Tageszeitung.
Als Verhandlungsnachricht für den Verein also zur Aufnahme ins Protokollbuch, hat der Vereins-bericht alle Beschlüsse wörtlich und die Debatte in gekürzter Form zu erhalten; wurden Vorträge gehalten, so gehören ein knapper Inhalt sowie der Name des Referenten in die Verhandlungsschrift. Notwendig ist ferner die Zahl der Anwesenden, die Namen der Nichtentschuldigten und der Gäste. Der Bericht hat ferner zu enthalten: Neuanmeldungen, Austritte, Ehrungen, Sterbefälle, Nachrufe, Unternehmungen und deren Erfolge usw.
Auch freie Anträge sind im Verhandlungsbuch zu verzeichnen, denn es ist immer erfreulich, wenn aus dem Berichte hervorgeht, dass Anträge und Anfragen gestellt werden; die Art der Wahlen und das Ergebnis derselben muss ebenfalls aus der Verhandlungsschrift ersichtlich sein.
Soll die Verhandlungsschrift ein farbengetreues Bild vom Vereinsleben gehen, dann darf sie nicht aktenmäßig und in ermüdender Weise verfasst sein und vom sachlichen Standpunkte nicht abweichen.
Nun zu den Vereinsberichten für die Fachzeitungen.
Die Philatelisten interessiert es, zu erfahren, was in den Nachbarvereinen und Verbänden und auch in weiter entlegenen gearbeitet und geleistet wird, und aus diesen Grunde sind die Vereinsberichte auch in den Fachblättern zum Abdruck zu bringen. Falsch ist jedoch, wenn der Schriftführer des Vereins oder Verbandes einfach die Verhandlungsschrift in Abschrift dem Leiter des Blattes zur Veröffentlichung einsendet; der bei solchem Vorgange wird der Bericht zu lang und für die Mehr-zahl der Philatelisten ohne Interesse. Bei der Verfassung dieses Berichtes muss aus der Verhandlungsschrift gestrichen und wieder und wieder gestrichen werden.
Es wirft sich sonach die Frage auf: „Was muss zur Ausscheidung kommen?“
Die Antwort lautet: „Die Namen der Gäste und Vertreter der Behörden, die Festsetzung des Jahres-beitrages, Die Entlastung des Kassierers, minderwertige Wahlen und deren Ergebnisse, Beglück-wünschungen jeder Art, kurz gesagt! Alles, was andere Vereine oder Verbände wenig interessieren.
Für die Fachzeitungen ist aus dem ausführlichen Protokoll alles das zu entnehmen, was dazu beiträgt, den Verein zu heben und zu fördern. In diesem Berichte sind gute Auszüge aus dem gehaltenen Vorträgen aufzunehmen. Es genügt eine nicht wie vielfach üblich, nur das Thema und den Namen des Referenten anzugeben, dann den rauschenden Beifall und den Dank der Versamm-lung, da letzteres überhaupt für die Mehrheit belanglos ist, Wechselreden, die an den Vertrag anschließen, aufgestellte Leitsätze sind in kurzer Form in den Bericht aufzunehmen, geradezu wie gefasste Beschlüsse und gestellte Anträge.
Zum Schluss noch einige Worte über die Vereinsberichte für die Tageszeitung.
Nicht jede Sitzung oder Versammlung bietet geeigneten Stoff zur Veröffentlichung in den Tages-blättern. Die Presse ist ein Faktor, wenn es gilt, Stellung zu solchen Fragen zu nehmen, die das Wohl des Vereins, des Verbandes oder das Ansehen beider betreffen. Heißt es ungerechte Angriffe unserer Gegner abwehren, dass wird die Tageszeitung zu unseren Rednern zu wählen.
Bietet aber die Versammlung oder Sitzung keinen derartigen Stoff, dann verschone man die Schrift-leiter der Tageszeitungen mit Einsendungen, die für diese Blätter nicht passen und unsere Sache nicht stören.
Stoff für die Presse gibt stets die Hauptversammlung. Bei der Verfassung des diesbezüglichen Berichtes halte sich der Schriftführer an die bereits erwähnten Bestimmungen, d.h. er lasse Unwesentliches weg.
Das ist im großen ganzen das wichtigste über die Verfassung der verschiedenen Vereinsberichte.
Zu einem guten Vereinsberichts gehört ein guter Schriftführer, denn der Post verlangt manchmal Eigenschaften, vom Inhaber. Das Amt der Schriftführers ist mehr für Ältere geeignete, da diese Erfahrung im Berufsleben besitzen. Ferner muss derselbe gewandt im Stil, vertraut mit der Vereins-geschichte und über ein gerechter Kritiker sein, also kurz gesagt: ein ganzer Mann.
Gebt daher, dem Fähigsten der Fähigen die Schriftführung im Vereine oder Verbande und haltet denselben in Ehren; denn wie man von der Sprache des Menschen auf diesen, so schließt man vom Vereinsberichte auf den Verein.

Danzig