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Gallery » Arge Danzig, Rundschreiben 211 - 2. Quartal 2006 » Kenzentrationslager Stutthof

Gehalten bis zum letzen Tag


Stutthof, ein in Deutschland fast unbekanntesKonzentrationslager
von Brigitte Jäger-Dabek

Ungefähr 35 km östlich von Danzig geht die beschauliche flußdurchzogene Marsch-landschaft des Danziger Werders allmählich in die bewaldete, sandige Frische Nehrung über, rechts vom Haff, links von der Ostsee umspült. Ein Naturparadies, dieses behagliche Feriengebiet um Stutthof, das vor dem 1. September 1939 gerade noch zum Freistaat Danzig gehörte. Ob der geruhsamen Schönheit dieses Ortes hat-te man an der Straße nach Kahlberg ein Altenheim errichtet, malerisch an einer Lichtung gelegen. Eine unglaublich friedliche, stille Gegend ist das, auch heute noch. Doch die Idylle trügt, denn es wurde ein Ort des Grauens, ein Platz unvor-stellbarer Leiden.

Bereits Mitte August 1939 rückte ein SS-Trupp mit einer Gruppe von etwa 500 Dan-ziger Gefängnisinsassen an und begann die inzwischen geräumte Altenheimanlage in ein Lager zu verwandeln. Sie errichteten Baracken, zäunten das Gelände ein und trafen organisatorische Vorbereitungen.

Schon ab 1936 hatten die Nationalsozialisten in der damals nicht zum Deutschen Reich gehörenden Freien Stadt Danzig begonnen, Listen zu erstellen mit "uner-wünschten polnischen Elementen", die im Konfliktfalle zu internieren wären. Sie waren so gut vorbereitet, daß bereits am ersten Kriegstag Rollkommandos die er-sten 1.500 Danziger verhafteten. Schon am 2. September wurden 150 Danziger Juden nach Stutthof gebracht. Viele Polen der Region folgten. Später wurden auch Polen aus dem ganzen Ostseeraum und aus Warschau nach Stutthof deportiert sowie in den Folgejahren - vor allem ab 1942 - Sowjetbürger, Norweger, Franzosen, Holländer, Belgier, Tschechen, Litauer, Letten, Dänen sowie Sinti und Roma.

In der ersten Zeit gab es verhältnismäßig wenig jüdische Häftlinge. Die Mehrzahl waren Polen, denn bis zum November 1941 galt Stutthof als Zivilgefangenenlager, wurde dann SS-Sonderlager und erst nach einem Besuch Himmlers im Januar 1942 of-fiziell zum staatlichen KZ erklärt. Der Status des Lagers war für den Häftling dabei vollkommen egal, in Stutthof wurde zu allen Zeiten gestorben, vom ersten bis zum letzten Tag. Von den mehreren Hundert Danziger Juden, die Mitte Septem-ber 1939 eingeliefert wurden, starben die meisten binnen weniger Wochen, und das Passahfest 1940 wurde für die jüdischen Lagerinsassen zu einer unvorstellbaren Passion. Das Lager Stutthof platzte bald aus allen Nähten und wurde bis 1945 ständig weiter ausgebaut. Anfang 1943 wurde direkt neben dem alten Lager ein neues, mit einem Elektrozaun gesichertes, Lager errichtet, das 25.000 Häftlinge fassen sollte und nie ganz fertig wurde. Die SS stellte Lagerpersonal und Wach-mannschaften (3.000 SS-Leute waren im Laufe der Jahre in Stutthof stationiert); dazu kam noch ukrainische Hilfspolizei. Der Kern der Wachmannschaften war aus dem Danziger SS-Trupp hervorgegangen, der im Sommer 1939 das Lager errichtet hatte. Der damalige Anführer, Hauptsturmführer Max Pauly, wurde bis 1942 erster Lagerkommandant.

Zum Lager gehörten eine Reihe von Satellitenlagern, die über ganz Ost- und West-preußen verteilt waren. Die größten Außenlager waren in Thorn und Elbing mit je ungefähr 5.000 jüdischen Frauen als Gefangene. In Stutthof selbst waren Anfang 1942 durchschnittlich 3.000 Häftlinge, 1944 schon 8.000 und am Ende über 20.000. Zusammen mit den über 100 Außenkommandos belief sich die Häftlingszahl damals auf über 52.000; davon waren über 33.000 Frauen (26.000 der 29.000 Juden waren Frauen).

Gegen Ende 1944 nahmen die Häftlingszahlen sprunghaft zu. Ganze Transporte unga-rischer Juden (20000-30.000) kamen an, immer mehr wurden über die Ostsee aus Lagern evakuiert, die vom Vormarsch der Sowjetunion bedroht waren, vor allem aus dem Baltikum, und da besonders aus Riga, Kaunas und Schaulen. Auch aus Auschwitz kamen immer wieder Transporte an. Entsprechend veränderte sich die Häftlings-zusammensetzung dramatisch. Ende 1944 waren mindestens 70% der Häftlinge Juden. Die Überfüllung des Lagers war gigantisch.

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Arge Danzig, Rundschreiben 211, Seite 1500.


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Added: 08/02/2008
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