btn toggle

Gallery

Gallery » Arge Danzig, Rundschreiben 213 - 4. Quartal 2006 » Die Postkutsche auf der Frischen Nehrung

>> Die Postkutsche auf der Frischen Nehrung
(eingesandt von Dieter Bronisch, Tel. 03322/242453)

Ein Postkuriosum

Der Berliner Brief ging um 17 Uhr mit dem Omnibus nach Danzig, mit dem Abendzug nach Berlin und lag beim Morgenkaffe dem Berliner Empfänger neben den frischen Brötchen auf dem Frühstückstisch.

Derweil ruhte der Brief zum Nachbardorf Pröbbernau noch still verborgen in Stutthof, von wo aus er seinen Weg mit der Postkutsche retour wieder an Vogelsang vorbei nahm, etwa gegen elfeinhalb Uhr in der Postagentur ausgeliefert und nun erst ausgetragen wurde.

Wohnte der Empfänger weit weg am Ende des langgestreckten Dorfes, dann hatte er seinen Brief aus dem Nachbardorf gegen zwei Uhr nachmittags, wenn der Berliner Freund für den Vogelsänger Briefschreiber schon alles ausgerichtet und ihm vielleicht telegrafisch die Antwort bereits übermittelt hatte.

Der „Schwager“

Der „Schwager“ war der Einkäufer der Nehrung. Denn ursprünglich gab es weder Fleischer noch Bäcker in den abgelegenen Dörfern, und andere Geschäfte, wie Drogerien, Apotheken oder Textilwarenläden, gab es nie. Wenn der „Schwager“ am Nachmittag aus Richtung Kahlberg zurückkam, gab man ihm in den Dörfern der Danziger Seite Zettel mit, die er bei den Kaufleuten in Stutthof ablieferte. Morgens, vor der Abfahrt auf die Nehrung, reichten diese ihm das Gewünschte, damit er es vor den einzelnen Häusern abladen konnte. Er blies dann dort schlecht und recht in sein Horn, und wenn niemand herauskam, legte er alles an den Weg. Wer vorüberging, brachte es hinein. So ehrlich ging’s dort zu.

Oft fuhren Passagiere mit, mitunter so viele, daß der Postillion auf der Deichsel, dicht bei den Pferden, saß. Im Winter fuhr er einen Schlitten. Da kam es zuweilen vor, besonders, wenn der „Schwager“ zur inneren Erwärmung des Guten zuviel tat, daß er eine Kurve zu kurz nahm oder eine Schneehütte nicht ernst genug, so daß der Schlitten dann umkippte. Aber Lachen und nochmals Lachen! Alles stand auf, schüttelte den Schnee aus den Mänteln und half dem Schlitten wieder auf. So ward der Schaden schnell geheilt. Das gehörte auch zu den unscheinbaren, aber beglückenden, Erlebnissen

„Der Schwager sitzt ganz vorne. Trari, trara!
Trinkt gern aus kühlem Borne. Trari, trara!
Und wenn er dann ganz lustig ist,
dann kippt auch mal die ganze Kist’. Trari, Trara!

Doch alle stehen heiter - trari, trara –
schnell auf und fahren weiter. Trari, trara!
Wer kann dem Schwager böse sein?
Der guckt bedrippst und schelmisch drein. Trari, trara!“

>>  >>  >>

Arge Danzig, Rundschreiben 213, 2006, Seite 1571.


Hits: 2178

Added: 09/02/2008
Copyright: 2024 Danzig.org

Danzig