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Gallery » Rundschreiben 247 - 2. Quartal 2015 » Wenn Rheda plötzlich zur Freien Stadt Danzig gehört

Wenn Rheda plötzlich zur Freien Stadt Danzig gehört
[Dr. Jost Küpper, Tel. 089-423383, eMail: jokumuc@gmx.de]

Freitagabend. Eine Auswahlsendung mit deutschem Material bis 1945 ist angekommen. Zu finden gibt’s eigentlich immer etwas, traditionell ist aber nur wenig ‚Danzig’ im Angebot. Auf einer einschlägigen Seite links unten drei Marken der Freien Stadt, die zunächst nicht interessieren: MiNr. 241, 250 und 269 gestempelt. Irgendwann wird aber doch der Stempelcheck gemacht und dann ist’s mit der Sammlerroutine vorbei: Der Zweikreisstegstempel der MiNr. 241 nennt als Ort „RHEDA“, dann folgt: „(BZ DA …)“. Wenn man die MiNr. 250 und 269 mit ins Kalkül zieht, haben alle drei diese Einheitsentwertung: RHEDA (BZ DANZIG), 13.12.37 – 12.

Rheda – noch nie gehört! Rheda-Wiedenbrück schon, aber das liegt in Westfalen und nicht im erweiterten Weichsel-Delta. Hat man da vielleicht drei kleine Pretiosen vor Augen? Die Wolffschen Stempelkataloge kennen den Ort nicht. Das „Geographisch-statistische Welt-Lexikon von Gottlieb Webersik“ von 1908 schon. Zitat unter 2.) : „839, Df. in WPreußen, Rgbz. Danzig, Kr. Neustadt, OPDB. Danzig, PTFE. (Belgard – Danzig, R – Putzig)“ Wobei die 839 wohl die Einwohnerzahl umschreibt und der Buchstabenverhau PTFE offenbar für „Post / Telegrafenamt / Fernsprecher / Eisenbahn“ steht.

Also gibt’s dort ein Rheda, und nun muss das Internet her. Zu „Rheda“ zunächst Fehlanzeige, aber Wikipedia hilft weiter: „Zur gleichnamigen Stadt in Westpreußen siehe Reda.“ Der Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Reda. Der ehemalige preußische Ort wird in der Sprache unserer polnischen Nachbarn einfach ohne „h“ geschrieben. Er liegt nordwestlich von Gdynia (einstmals: Gdingen, oder im Nazi-Deutsch: Gotenhafen) an der Straße zur Halbinsel Hel (einstmals: Hela). Damit ist aber rein geografisch klar: Rheda konnte nie zur Freien Stadt Danzig gehört haben. Also nix mit den kleinen Pretiosen, nur dreimal eine Stempel-Fälschung. Das Stempelgerät dazu: wahrscheinlich ein übrig gebliebener Preußen-Stempel. Ob das Ganze aus Jux und Tollerei passierte oder ob da doch ein erkennbarer ökonomischer Hintergrund besteht, lässt sich anhand des Dreier-Funds der MiNr. 241, 250, 269 nicht klären. Ist das beschriebene Danzig-Trio allerdings kein Einzelfall, tippe ich auf Bogenteile, die entweder verfalzt waren oder gar keinen Gummi mehr hatten und so trickreich aufgewertet wurden.

Da die Preisauszeichnung der Auswahl äußerst moderat war, habe ich die drei Freimarken mit dem Staatswappen dann doch in meine Danzig-Sammlung übernommen. Sie sind jetzt sozusagen der Kontrapunkt zu einer Fälschung, die genau anders herum lief.

Die Entwertung ‚BYDGOSZCZ 14.3.31’ des nebenstehenden Markenpärchens bezog sich auf die polnische MiNr. 263. Hinzugefügt wurde der Aufdruck „PORT GDANSK“ und so eine doppelte MiNr. 22 der polnischen Hafenpost in Danzig produziert.

Die Fälschung ist mit einer Lupe leicht erkennbar: Der Aufdruck liegt über der Stempelfarbe. Außerdem: Erst ab MiNr. 26 waren die PORT GDANSK-Marken in Polen frankaturgültig.
Der Hinweis im MICHEL-Spezial ist ernst zu nehmen: „Aufdruckfälschungen aller Werte“.

 

Arge Danzig, Rundschreiben 247, Seite 2726.


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Added: 04/09/2015
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