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Aus alten Zeitungen und Zeitschriften
[vorgelegt von Ronald van Waardhuizen, eMail: ronny@danzig.org]

Briefmarken-Rundschau vom 20. Januar 1921
Beilage der Danziger Zeitung Nr. 3 (Zweiter Jahrgang)

Der Postzensur ins Stammbuch.
Die Nr. 1 der philatelistisch von Altmeister Louis Senf vorzüglich geleiteten „Post“ (Kehl a.Rh.) bringt Folgendes, eingesandt von Richard Römer aus Halle, das weiteres wertvolles Material im Kampf gegen die Postüberwachungsstellen bietet …Herr Römer schreibt:
Während meines Aufenthaltes in der ersten Hälfte vorigen Jahres in Polen habe ich Tauschverbindungen angeknüpft und meist zuerst Auswahlsendungen in alle Länder gesandt. Ein Teil, hauptsächlich der nach Deutschland gesandten, kam nicht an. Als ich im Juli wieder in meine Heimat zog, forschte ich nach den eingeschriebenen Sendungen. Bei einer habe ich festgestellt, daß sie von der Postzensur dem Zollamt übergeben und von diesem wegen unerlaubter Einfuhr beschlagnahmt und als verfallen erklärt wurde. Außerdem übergab das „liebenswürdige“ Zollamt Breslau die Angelegenheit dem Staatsanwalt zur Strafverfolgung. Lieber Leser, weil ich mit einem anderen Mitmenschen für ca. 100 Mark Katalogwert Marken tauschte! Der Staatsanwalt hat die Sache niedergeschlagen, wohl weil er mich in Polen wähnte. Als ich nun aber von Deutschland aus nach meinen Marken forschte und erwähnte Feststellungen machte, hockte der Staatsanwalt sofort dahinter und eröffnete das Verfahren, das noch schwebt. Ja, man weiß gar nicht, welcher Verbrecher man ist, wenn man im jetzt freien Deutschland Marken sammelt!
Jedenfalls hatte ich nun erfahren, daß Einfuhrbescheinigungen notwendig sind. Ich ließ mir vom Herrn Reichskommissar die Bestimmungen kommen, die das Datum vom 2. August 1920 tragen, also sehr viel später datiert sind, als meine verbotene Einfuhr stattfand; aber das ist wohl ein Irrtum des Personals. Danach ist privaten Sammlern die Einfuhr gestattet, wenn sie die Genehmigung erlangen. Ich beschaffte also von der Handelskammer die Formulare (nicht billig), schrieb zwei aus für jeden Fall und fügte die Korrespondenz, wie verlangt, als Unterlage bei. Nach einer Frist, die mindestens ebenso lang war wie im Vorkriegsdeutschland, erhielt ich die Genehmigung, entdeckte aber, daß ein „freundlicher“ Mensch mich des Abweichens der ausländischen Marken von dem Karton, den ich als Unterlage einsandte, enthoben hatte. Leider vergaß er, sie beizufügen. Ich schrieb diese Tatsache sehr höflich dem Herrn Reichskommissar, fügte die Kartons bei und auch einige neue Anträge. Die Karten bekam ich nach ca. zwei Wochen zurück mit einer der Antwort, es hätte nicht festgestellt werden können, daß die Marken dort abhanden gekommen wären (das glaube ich). Diese Antwort erhielt ich nicht etwa franko, ach nein, ich musste dafür 50 Pfennige bezahlen. Die der Beschwerde seinerzeit beigefügten Anträge erhielt ich mehrere Wochen später zurück – nicht genehmigt. Ich habe die Angelegenheit nun einem Rechtsanwalt übergeben.
Bei einzelnen Anträgen konnte ich als Unterlage nur die ausgeschnittene Annonce aus der „Post“ beifügen, wonach K.Y.Z. in, sagen wir Dänemark, Tausch sucht. Diese Anträge wurden abgelehnt, weil „der Nachweis des Tausches erst durch Vorlage der Korrespondenz, Posteinschreibzettel und Empfangsbestätigung des ausländischen Empfängers zu erbringen ist“ (Antwort des Herrn Reichskommissars vom 23. Septembers, R.K. VI 41 006)… Will ich ihm gerecht werden, muss ich an K.Y.Z. jetzt Marken senden, darf mir den Brief natürlich nicht in mein Postbuch quittieren lassen, sondern muß auf einem Zettelchen den Tauschfreund bitten, mir den Empfang zu bestätigen. Dann bitte ich den Herrn Kommissar um seine Einfuhrgenehmigung, gebe wieder 2 Mark Porto aus und schicke dem Tauschfreund den Einfuhrschein… O heiliger Bürokratius!
Heute habe ich noch einen Brief vom Herrn Reichskommissar bekommen vom 10. September 1920 (an hier 26. September 1920), R. 16 086. Diesem sind sämtliche Duplikate der bisherigen Bewilligungen beigefügt. Darauf ist zwar verfügt: z.d.A., und damit ist ja wohl zu den Akten des Kommissars gemeint; man schickt sie mir aber „zur gefl. weiteren Veranlassung.“ …


Arge Danzig, Rundschreiben 258, 1. Quartal 2018, Seite 3136.


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Added: 30/12/2017
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