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INFLA-Signierpraxis bei Belegen: Prüfgebiet „Freie Stadt Danzig“
[Dr. Irmin-Rudolf Jahn, E-Mail: Irmin.Jahn@t-online.de]
>> Das INFLA-Schlupfloch mit den weniger verpflichtenden INFLA-Prüfzeichen war also geschlossen. Was bedeutet jetzt aber das anspruchsvollere Prüfzeichen „Kniep BPP“ unter dem Sechserstreifen mit Mi.-Nr. P16 Y auf obigem Brief? Es bedeutet: Die Marken auf dem Umschlag werden lediglich als auf Briefstück befindlich angesehen und entsprechend signiert. Das Namenssignum BPP auf Danzigmarken bedeutete früher ja auch nur: Die Marke ist echt, der Stempel ist echt, über die zeitgerechte Verwendung des Stempels kann nichts ausgesagt werden.
Auch Kniep wusste zweifellos bereits um die Bedeutung von Attesten. Hätte er nicht bei einem solchen Objekt mit damals schon sehr hohem und heute etwa 10.000 € betragenden Katalogwert ein Attest geschrieben? Prof. Dr. Klein versucht in einer kaum verständlichen Argumentationsweise die Prüfleistung eines früheren INFLA-Prüfers im BPP in einen INFLA- und einen BPP-Anteil aufzuspalten und diese dann gegeneinander auszuspielen. Dabei geht seine Sicht, wie im Folgenden gezeigt wird, völlig an den Tatsachen vorbei.
Das Prüfgebiet „Freie Stadt Danzig“ ist seit 1954 dem INFLA-Prüfwesen zugeordnet. Der 1931 gegründete „Verein der Sammler deutscher Inflationsbriefmarken“ – ab 1937 mit dem Namenszusatz „Infla-Berlin“ – hatte bereits in seiner ersten Prüferliste auch einen Kandidaten für Danzig aufgestellt, doch der dafür vorgesehene Berliner Kaufmann Heinz Lazarus ging im Frühjahr 1933 wohl aus politischen Gründen nach Paris. Die Gemeinschaftsprüfstelle des Vereins unter der Leitung von Gustav Kobold wurde im November 1933 zur „Infla-Bundesprüfstelle“ aufgewertet, ohne jedoch erneut einen Prüfer für Danzig ausgewiesen zu haben. Nach dem Krieg beschäftigte sich der Hamburger Gerhard Schüler, der in Danzig studiert hatte, intensiv mit der Danzig-Philatelie, insbesondere mit der Stempelproblematik. Für einen angehenden Prüfer gab es damals im Grunde keine Alternative zu dem in jeder Weise vorbildlichen INFLA-Prüfsystem, und für Eduard Peschl, der das Prüfwesen über den Zusammenbruch 1945 hinweg am Leben erhalten hatte, war es dann nur konsequent, an die frühere Prüfstellenkonzeption anzuknüpfen und Gerhard Schüler Ende 1953 zum INFLA-Prüfer für das Gebiet Freie Stadt Danzig zu berufen. Der Wortlaut der ersten Nachkriegs-PO von INFLA-Berlin e.V. für die Prüfstelle ist in den Infla-Berichten Nr. 8 (Neue Folge) von 1953 abgedruckt. Für die Belege galten folgende Bestimmungen:
Bedarfsbriefe erhalten neben der besten Marke des Briefes das Namenssignum eines in der Infla-Prüfstelle mitarbeitenden Bundesprüfers sowie rückseitig den Stempel "Einwanffrei Infla-Berlin" ; letzteres ist kein Qualiyätskennzeichen. Die Qualität wird auf Verlangen in einem Attest ausgedrückt.
Sammlerbriefe (ein eng auszulegender Begriff) erhalten das Namenssignum am unteren Rande des Briefes und keinen Stempel "Einwandfrei". Fälshungen erhalten die Kennzeichnung "Fälschung".
In zweifelfaften Fällen ist das Urteil von mindenstens drei in der Prüfstelle mitarbeitenden Bundesprüfern einzuholen und wird erst nach völliger Übereinstimmung nach vorsthenden Richtlinien signiert.
Peschls neue PO basierte in weitem Umfang auf den Regeln der früheren Gemeinschaftsprüfstelle. Ein kurzer Blick zurück: Der Begriff „Bedarfsbrief“ war in den ersten Jahren nach Gründung des Infla-Vereins auf Geschäfts- und Bankbriefe beschränktgewesen. Man wollte bei der Erforschung der Grundlagen zur Fälschungsbekämpfung jeden Sammlereinfluss ausschließen. Diese anfängliche Extremposition hatte man dann nach langen Diskussionen geräumt, auch aus Rücksicht auf das Sammelgebiet. Echt gelaufene Briefe, die innerhalb einer gewissen Toleranzbreite portogerecht freigemacht waren, erhielten direkt neben der Frankatur die Monogramme dreier Prüfer. Zusätzlich setzte der Prüfstellenleiter Kobold auf der Rückseite noch den Zierstempel „Einwandfrei“ / Infla Berlin, der das Infla-Prüfergebnis „einwandfreier Bedarfsbrief“ deutlich dokumentierte. Peschls Änderung in der PO: An die Stelle dreier Monogramme trat das Namenszeichen eines Prüfers. Beibehalten wurden jedoch die Signierung neben der Frankatur. Die „Dreimannprüfung“ blieb für komplizierte Fälle.
Der Begriff „Sammlerbrief“ war nach Peschls Formulierung „eng auszulegen“. Man verstand darunter, wie auch heute noch, z. B. überfrankierte Belege, die von Händlern oder Sammlern zur Beschaffung von gestempelten Marken angefertigt wurden. Solche Belege blieben ohne Zierstempel. Im Hinblick darauf, dass man sie später häufig in Briefstückezerteilte, ging Peschl dazu über, die zeitgerecht gestempelten Marken rückseitig, d. h. auch von der Briefinnenseite her, mit einem Prüfzeichen für Stempelechtheit oder – bei guten Stücken – mit dem Namenszeichen zu versehen. Diese Praxis hat sich bis heute erhalten.
Mehrere Jahre lang hatten die Danzig-Prüfaufträge noch über die Berliner INFLA-Prüfstelle unter Dr. Gerhard Düntsch zu laufen. Erst 1964, also nach zehnjähriger „Probezeit“, erhielt Schüler von Peschl mit dem Zierstempel ein eigenes Prüfzeichen speziell für Briefe. Diese Tatsache war den Aufzeichnungen Peschls zu entnehmen, nicht aber der Grund für die Verzögerung.
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Arge Danzig, Rundschreiben 236, Seite 2343.
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Added: 12/07/2012
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