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Meine dritte Reise nach Danzig.
Martin Jenrich.
Wir, Dieter Bronisch und ich, wollen auch in diesem Jahr zu Erkundungen ins ehemalige Danziger Postgebiet aufbrechen. Einige Orte haben wir im letzten Jahr nicht besucht, und außerdem möchten wir noch weitere Deutschstämmige aufsuchen, um mit diesen letzten noch lebenden Zeitzeugen zu sprechen. Die müssen allerdings erst gefunden werden.
Die Reise ist vom 7.8. bis 13.8.2005 geplant. Wir haben die gleiche Pension in Danzig wie im letzten Jahr gebucht; es kann also losgehen. Ca. 500 km Straße liegen vor uns.
Da wir 2004 in Mielenz Deutschstämmige kennengelernt haben, reisen wir zuerst dorthin. Es handelt sich um ein „Drei-Mädel-Haus“, d. h. es wird bewohnt von der 77 jährigen Oma, ihrer 50jährigen Tochter und deren 15 jähriger Tochter. Da es immer an Geld und anderen Dingen mangelt, nehmen wir Vieles mit, was gebraucht bzw. verwertet werden kann. Das Hoftor ist bei unserer Ankunft – wie angekündigt – weit offen und die Freude über unser Kommen groß. Wir verleben einen langen Abend mit aufschlußreichen Gesprächen, z. B. über das Leben im heutigen Polen.
Am nächsten Tag, Montag, dem 8.8.05, gehts dann nach Danzig, zuerst in die Pension und dann zum Tausch ins Haus der Philatelie. Jeden Montag um 14 Uhr trifft man sich dort für ca. 3 Stunden. Es wird viel „Danzig“ gesammelt, aber auch „Deutsches Reich“, weitaus weniger Bund und Berlin. Wir haben einiges Material mit und sind „gut im Geschäft“.
Da gerade der Dominikanermarkt die Danziger Altstadt beherrscht, schlendern wir nach dem Tausch an den vielen Buden vorbei und können bei einem Händler einige gute Danzig-Belege erwerben – aber nicht zum Schnäppchenpreis. Er weiß, was er hat!
Dann, am Dienstag, dem 9.8.05, beginnt unsere erste Erkundung der Orte, die wir bisher noch nicht näher in Augenschein nahmen. Wir fahren nach Groß Plehnendorf, ein zersiedelter kleiner Ort unweit Danzigs an beiden Seiten der Autostraße E77, die nach Elbing führt. Wo sich früher die deutsche Post befand, ist nicht zu erfahren, obwohl wir mehrere Leute befragen. Daß Stempel dieses Ortes nur schwer zu beschaffen sind, können wir gut nachempfinden. - Weiter führt uns die Fahrt nach Gottswalde, auch an beiden Seiten der E77 gelegen. Das Dorf wurde 1334 gegründet und besitzt ein Vorlaubenhaus, dessen Zustand aber mangelhaft ist. Dafür hat sich aber ein neureicher Pole (Ja, auch die gibts!) eine Vorzeigevilla an die Straße bauen lassen. Beim Neubau der Kirche wurden fünf Grabplatten aus dem 17. und 18. Jh. entdeckt, die nun an der Außenmauer zu besichtigen sind. - Dann wollen wir Tiegenhagen besuchen, verfolgen aber erst eine falsche Spur. Der Ort ist so klein, daß man schnell an den wenigen Häusern und der etwas abseits der Straße stehenden Kirche vorüberfährt. Diese, ein erweiterter Fachwerkbau, hat einen nordischen Giebel. Auf dem ehemaligen Friedhof finden wir Kreuze aus Eisen und Stein mit kyrillischen Inschriften. Ja, auch hier merkt man, daß die Stempelbeschaffung schwer ist bei so wenig Einwohnern. - Das nächste Ziel ist Fürstenau, auch an der E77 gelegen. Die Kirche aus dem Jahre 1344 hat einen Holzvorbau und einen aufwendig gestalteten Backsteingiebel. Das Geläut steht abseits, und einen deutschen Grabstein finden wir auch. Viele alte deutsche Eichen umgeben das Kirchengelände. – Nun fahren wir nach Jungfer, das etwas abseits der großen Straßen an der Jungferrinne der Nogatmündung liegt. Die Kirche in Fachwerkbauweise hat einen halbrunden Altarerker. Die Uhr in der Kirchturmspitze zeigt die richtige Zeit an. Hier treffen wir auf deutsche Touristen, die sich verfahren haben, da sie nur eine grobe Landkarte mithaben. – Zeyer an der Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel, ist unser nächstes Ziel. Das ist ebenfalls ein kleiner Ort. Die neue Kirche, auf Feldsteinfundament stehend, schaut auf den Fluß, der hier in Ufernähe viele Seerosen aufweist. – Südlich verläuft die Fahrt auf dem Deich entlang nach Einlage, einem sich lang hinziehenden Dorf ohne Ortskern. Das Dorf endet an der E77. – Wir fahren ein kleines Stück auf dieser Straße, um dann in südlicher Richtung Groß Mausdorf zu erreichen. An der alten Kirche befinden sich drei Metalltafeln, die den
Wasserstand der drei großen Überschwemmungen der Jahre 1829, 1835 und 1839 anzeigen. Wir versuchen, mit einer Polin ins Gespräch zu kommen. Als diese merkt, daß wir Deutsche sind, führt sie uns zum Haus der Elisabeth Kaminski. Wir treten ein und finden eine rüstige Frau, die uns einlädt, mit ihr eine Tasse Kaffee zu trinken und selbstgebackene Kekse zu knabbern. Dabei erfahren wir, daß sie 85 Jahre alt ist, geboren also im Jahr der Errichtung des Danziger Freistaates, allein lebt und einen Sohn in Deutschland hat. Das Postgebäude sei kurz vor Kriegsende abgebrannt, und das Kirchenbuch befinde sich in Berlin-Kreuzberg, erzählt sie uns noch. Zum Abschied halten wir ein kleines Gastgeschenk für sie parat.
Dann geht’s nach Groß Lesewitz. Die Kirche wurde 1350 gebaut, hat Holztüren und ein separates Geläut. Außerhalb des Ortes sehen wir uns noch ein Vorlaubenhaus an. Es ist in einem verwahrlosten Zustand,
Arge Danzig, Rundschreiben 209, Seite 1463.
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Added: 09/02/2008
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