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Aus alten Zeitschriften und Zeitungen
[vorgelegt von Ronald van Waardhuizen, eMail: ronny@danzig.org]
Briefmarken-Rundschau vom 29.Juli 1920
Beilage der Danziger Zeitung Nr. 7
Philatelistische Streifzüge durch Danzig
Zu Ben Akibas Zeiten gab’s noch keine Briefmarken, was ja allerdings nicht ausschließt, daß der
tief schürfende Forschergeist eines Tages eine der Postwertzeichen ähnliche unalt-arabische
Institution „auszubaldowern“ vermag. Aber dennoch kann der vielzitierte allwissende Rabbi aus
dem Morgenlande mit seinem berühmten Wort „alles schon da gewesen“ auch vom philatelistischen Standpunkt aus nicht ohne weiteres Lügen gestraft werden. Ist doch namentlich auch in
Danzig das Interesse eines größeren Publikums an allem, was irgendwie nach einer Briefmarke
aussieht, nach Ausgabe unserer eigenen Postwertzeichen nun wieder in ähnlicher Weise geweckt
und lebendig geworden, wie schon vor 34 Jahren. Damals brachte am 19.September 1886 mit der
„Hansa I“ eine Danziger Privat-Stadtpost - postamtlich allerdings nicht anerkannte - Danziger
Briefmarken und Ganzsachen heraus.
Aus der entschwundenen Jugendzeit, da man begeistert nur Göttin „Philatelia“ schwur, werden
heute alle Erinnerungen an jede Tage wieder lebendig, als ich mein erstes Zschiesche & KöderVordruckalbum, ein starker brauner Leinwandband mit Gold- und Schwarzdruck-Deckelpressung,
andächtig auf der Veranda in der Zoppoter Wilhelmstraße mit allerlei Briefmarken-Raritäten
füllte. Man hatte sie, trotzdem die Lehrer damals sämtlich gegen das Briefmarkensammeln
eiferten, in den Klassenzimmern der Obertertia, und wenn’s der Schulhof in St. Johann war,
eingetauscht oder auf dem Heimweg in der Ketterhagergasse in der damaligen Papierhandlung von
Schwermer (neben dem Hause der „Danziger Zeitung“!) erworben, die in Danzig Mitte der 80er
Jahre im begründeten Ruf stand, die besten und preiswertesten Briefmarken zu führen. Es
befanden sich darunter so manche „Kapdreiecke“, Kirchenstaatoriginale, „Thurn und TaxisZiffern“, Sardinien und alte Schweizer Kantonalmarken neben zeitgemäßen, eben erst erschienenen Neuheiten, wie den ersten schönen Marken des Fürstentums Monako mit dem Medaillonbildes
des Fürsten Karl mit Lockenhaar und dem martialischem „Henry Quatre.“
… Die von M. Pannemann und H. Regier gegründete „Hansa I“ Privatpost schuf eine willkommene Gelegenheit, auf vorteilhafte Weise im Tauschverkehr mit Städten wie Stettin, Wien - und
besonders mit einem braven Tauschfreund in Mährisch-Ostrau - bessere Staatspostmarken für die
eigene Sammlung zu erwerben. Saß man doch in Danzig … an einer nicht so leicht versiegenden
Quelle. Für ein paar Pfennig versuchte man, die interessantesten Fehldrucke „Hans“ statt „Hansa“
zu ergattern. 1890 gab es bei der „Hansa II“ dann die interessanten, zwar nicht offiziellen, aber
doch zugelassenen Halbierungen der Merkurstaat-Marken 1 Pfg. grau-schwarz und 2 Pfg. rotorange; ferner spielerische, aber gern eingetauschte Phantasie-Zusammenstellungen von
Frankaturen… Im alten Danziger Verein für Briefmarkenkunde, dessen Vorsitzender der als
unfehlbarer Markenprüfer sehr geschätzte damalige technische Leiter der Pumpstation H. war und
der im Winter im gemütlichen Hinterzimmer eines Restaurants der Heiligen Geistgasse am Tor
nächtigte, herrschte damals ein reges philatelistisches Leben und ein vortreffliches gegenseitiges
Verhältnis zwischen den Mitgliedern und Tauschfreunden. Besonders beliebt war das alljährlich
mit einem Ball verbundene Stiftungsfest im Gesellschaftshaus, wo bei reich besetzter Abendtafel
manch humorvoller philatelistischer Toast – auch in Versen – stieg und Herren und Damen so
manche schöne Briefmarke, angekauft aus den reichen Mitteln des Vereins, als Geschenk
erhielten. Dem Danziger Verein gehörten damals übrigens auch mehrere Mitglieder des Berliner
Sammlerbundes „Globus“ an, der Anfang der 90er Jahre eine eigene umfangreiche
Monatszeitschrift - namentlich für jüngere Briefmarkensammler bestimmt - herausgab, bei deren
Redaktion sich der Schreiber dieser Zeilen seine ersten journalistischen Sporen verdiente.


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Added: 11/04/2024
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