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Gallery » Arge Danzig, Rundschreiben 100 - Februar, 1979 » Wochenmarkt auf der Danziger Speicherinsel

>>  >>  >> Wochenmarkt im August 1976 auf der Danziger Speicherinsel

nicht Pfifferlinge kaufen wolle. Woher er denn weiß, daß ich Deutscher bin, ist meine Gegenfrage. "Na, das sieht man doch", gibt er als Antwort. Am liebsten hätte ich ihm die ganzen Pilze abgekauft, aber wohin damit, wenn man im Hotel wohnt und keine Kochgelegenheit hat. Die Butterpilze, die angeboten werden, sind zum Teil schon geputzt.

Viele Blumenstände sehe ich. Für meine Frau erstehe ich zum Hochzeitstag einen Rosenstrauß für 10 Zl. Selbst Hafer und Weizen werden angeboten, kiloweise in Tüten. An einem Stand gibt es Flundern - frische, noch lebende Flundern, pro kg für 12 Zl.

An den Wochenmarkt schließt sich der Basar an, ähnlich wie bei uns der Flohmarkt. Auch hierdrängen sich hunderte von Menschen. Hier wird alles verkauft, was man sich denken kann. Man kann neue, aber auch gebrauchte Waren kaufen. Kinderwagen, Taschen-schirme (aus Asien), gebrauchte Bekleidungsstücke, neue deutsche Wehrmachtsstiefel. Ich entdecke sehr alte, aber noch ungebrauchte Gegenstände, auch deutsche, die noch originalverpackt sind. Wo mögen die bloß herstemmen! Es gibt Schrauben, Schlösser, Schlüssel, alte Türbeschläge, Werkzeug aller Art. Was man kaum sieht, das ist Kinderspielzeug. Zwei Frauen bieten Liebesromane an, je nach Erhaltung 12 bis 20 Zl. das Stück. Interessant finde ich es immer dort, wo sich kleine Menschengrüppchen bilden, Dort gibt es meist etwas Besonderes. Ein Blick über die Schultern dieser Leute, und ich sehe, wie sie versteckt aus der Hand heraus etwas anbieten - hier ist es eine Uhri dort ein echt silberner Ring, eine Bernsteinkette oder sonst etwas nicht Alltägliches. Am originellsten finde ich jedoch den Stand, an dem ein Mann sämtliche Einzelteile eines Weckers vor sich ausgebreitet hat und zum Verkauf anbietet.

Zwei Polen, die merken, daß ich Deutscher bin, gehen mir spätere bis zum Langen Markt nach, um mir alte deutsche und Danziger Münzen anzubieten.

Wie überall in der Stadt, so gibt es auch auf dem Marktplatz etliche Polen, die deutsch verstehen. Wenige Deutsche gibt es auch noch, wie die beiden Danziger Frauen, welche 30 Pf.--Liebesromane verkaufen und auch tauschen möchten. Man trifft aber auch Polen, bei denen man merkt, daß sie nicht deutsch verstehen wollen, sie sagen dann einfach: Nix verstehen.

Zu einem reichlich späten Frühstück erscheine ich dann zum Staunen meiner Frau mit einem Rosenstrauß: Das Hotel hat mich wieder.

 

Arge Danzig, Rundschreiben 100, Sonderbeitrag Nr. 1, Oktober 1978, Seite 2.


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Added: 15/12/2015
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