Die erste Postwertzeichen-Ausstellung im Freistaat Danzig

Es sei gleich zum Eingang bemerkt: Die am Sonntag. Dem 24. Oktober, 10 Uhr früh im großen Saale des Guttemplerhause eröffnete Postwertzeichen-Ausstellung hat eine für den jungen , aber an Mitgliedernzahl schon sehr starken Verein „Briefmarkenfreunde Freistaat Danzig“ einen durch-schlagenden Erfolg gehabt, wie man ihn sich nicht schöner hätte wünschen können.
Eine überaus zahlreiche Besucherzahl aus allen Kreisen flutete den ganzen Tag bis zum späten Abend durch den geschmackvoll mit Flaggen dekorierten für Ausstellungszwecke sehr günstigen Raum. Unten den bereits früh am Vormittag Erscheinenden bemerkten wir neben Vertretern de Behörden des Parlaments der Stadtverordnetenversammlung und der Presse, auch eine Anzahl bekannter Danziger Pädagogen, die, wie man munkelt, bisher dem Briefmarkensammeln nicht gerade sehr freundlich gegenüberstanden, angesichts des an Ort und Stelle Gebotenen aber offen zugaben, dass sie künftig die bisher gehegten Ansichten einer gründlichen Revision unterziehen würden. Es gereichte dem Vorsitzenden des Vereins zu ganz besonderer Freude, unter seinen Gästen den obersten Leiter des freistaatlichen Postwesens, Herrn Postrat Zander begrüßen zu können, der auf seinem Rundgang die ausgestellten Objekte einer sehr eingehenden Musterung unterzog. Viel bemerkt wurde es übrigens, dass der Prozentsatz von Besuchern in reiferen Jahren weit die Zahl der Jugendlichen und Schüler überragte, die gekommen waren, um sich in der Ausstellung Anregung und Belehrung zu holen.

Wir lassen nun unserem besonderen Berichterstatter das Wort. Er schreibt:
Lange vor Eröffnung der Ausstellung sammelte sich das Publikum vor dem Ausstellungsgebäude. Pünktlich um 10 Uhr wurde die Ausstellung durch den Vorsitzenden des veranstaltenden Vereins, Th. Reimann eröffnet. In einer kurzen Ansprache begrüßte der den Leiter des Danziger Postwesens, Herrn Postrat Zander, sowie das zahlreich erschienene Publikum. Er erwähnte, dass das Interesse für den Sammelsport, das seit dem Erscheinen der Danziger Marken in erhöhtem Maße besteht, der Anfang zu der Ausstellung gewesen sei, und dass am versucht hätte zu leisten, was zu leisten nur möglich war. Er hat ferner, bei Beurteilung der Ausstellung die Schwierigkeiten zu berücksichtigen, mit denen der Veranstalter zu kämpfen hatten und gab der Hoffnung Ausdruck, dass auch die Feinde des Sammelsports die Ausstellung mit anderen Gedanken verlassen würden, als sie gekommen waren.
Anschließend übernahm Herr Ingenieur Jantzen die Führung durch die Ausstellung. Diese war in fünf Abteilungen gegliedert und so übersichtlich gestaltet, dass auch der Laie sich leicht orientieren konnte. In der 1.Abteilung: Deutsche Staaten und Deutsche Kolonien waren die wertvollsten Aus-stellungen die der Gebr. Jensen – Kiel und Jantzen – Danzig. Eine sehr interessante Familien-sammlung hatte Herr Theuring – Danzig ausgestellt. Mit Prachtexemplaren von Preußen und Sachsen war Herr Collin – Langfuhr vertreten. Auch die Ausstellungsstücke der Herren Dubbe, Hohmann, Zill. Olschewski und Rywoll waren anerkennenswert.
Die 2.Abteilung: Mitteleuropa und nordische Staaten, brachte als besonders sehenswerte Stücke ein Mulredy-Kuvert aus dem Jahre 1840. Aussteller Herr Giesbrecht – Danzig und Alt-Italien, Aussteller Herr Jantzen – Danzig. In dieser Abteilung waren fast sämtliche Staaten Mittel- und Nordeuropas vertreten, auf die einzeln eingegangen zu weit führen würde. Den Ausstellern dieser Abteilung kann man für ihre sauber eingerichteten Sammlungen nur vollste Anerkennung aussprechen.
Die 3.Abteilung: Osteuropäische Staaten und östliche Randgebiete brachte zum größten Teile die Marken derjenigen Staaten, die durch den Umsturz im Osten sowohl wie im Süden entstanden sind. Besonders erwähnungswert waren die Ausstellungen der Herren Kölber (Tschechoslowakei) und Neubrand (Bosnien).
In der 4.Abteilung: Südeuropäische Staaten waren Gebr. Jensen – Kiel mit wertvollen Sammlungen von Bulgarien, Rumänien und Griechenland vertreten. Die Ausstellungen von der Türkei dürften Spezialsammlern viel des Interessanten geboten haben, zumal die neuesten Serien (Waffenstill-stand Thronabsteigung) darunter vertreten waren.
Dieser Abteilung war auch eine Schülersammlung des Oberprimaners Paul Heinz Gordan ange-gliedert, der Kriegsmarken der Mittelmächte, Abstimmungsmarken und Danziger Marken ausge-stellt hatte.

Die letzte Abteilung umfasste Raritäten der Herren v. L.-Wien, Drouot – Paris und Jantzen – Danzig. Besonders erwähnenswert hierunter war die Sammlung des Herrn v. L.-Wien von Erst-druckes österreichischen Staatsdruckerei. – Bei der Fülle und Besonderheiten der einzelnen Stücke hatte die Prämiierungskommission eine schwere Aufgabe. Als Ergebnis der Kommission wurden am Nachmittag folgende Sammlungen als die besten prämiert:
1. Gebr. Jensen-Kiel (Europa), 2. Herr Jantzen – Danzig (Europa), 3. Herr Theuring (Alt-Deutschland), 4. Herr v. L.-Wien, 5. Drouot-Paris, 6. Herr Kölber – Langfuhr (Türkei), 7 Herr Giesbrecht – Danzig (Mulredy), 8. Herr v. Sieck – Kopenhagen (Entente-Kriegsmarken), 9. Herr Dubba – Danzig(österr. Feldpost), 10 Herr Zill – Danzig (Abstimmungsgebiete). 11. Herr Neubrand – Langfuhr (Bosnien), 12. Herr Rywoll (Polen), 13 Schüler Paul Heinz Gordan. Die Prämien und Diplome wurden am Sonnabend abends 8 Uhr bei einem Kommers, den der Verein im „Hohenzollern“ anlässlich der Ausstellung veranstaltet, ausgehändigt worden.
Auch der materielle Erfolg der Ausstellung war zufrieden stellend. Eine besondere Anerkennung gebührt der Glashandlung Zamory, die die Glasarbeiten der Ausstellung übernommen hatte.
Obgleich die Ausstellung durchaus nicht als eine internationale geplant war, machte sich der inter-nationale Einschlag im Verkehrsleben des heutigen Danzig doch stark bemerkbar. Unter den Aus-stellern war u.a. auch ein auf der Durchreise nach Straßburg i.E. in Danzig weilendes Mitglied und Offizier der französischen Handelsmission in Polen mit äußerst interessanten Marken Alt-Frankreichs, der Kolonien und Portugals vertreten, die allgemeine Anerkennung fanden. Ferner hatte Herr v. L.-Wien sehr interessanten Erstdrucke der Wiener Reichsdruckerei noch im letzten Augenblick der Ausstellungsleitung eingereicht, die leider nicht mehr ganz berücksichtigt werden konnten und von denen nur ein Teil zur Ansicht ausgelegt war. Amerikaner, Engländer, Polen, Franzosen, Russen und Angehörige noch anderer Nationen zeigten durch ihren Besuch, dass die Ausstellung auch ihrerseits dazu beitragen durfte, eine Steine mehr zum Chausseebau der inter-nationalen kulturellen Annäherung zu liefern.

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