Wie und weshalb sammle ich Briefmarken

Die Danziger Briefmarkenfirma Holtz & Giebeler hatte die Liebenswürdigkeit, uns einige der auf ihr Preisausschreiben in Nr. 16 der „Briefmarken-Rundschau“ vom 23. April eingelaufenen Aufsätze zur Auswahl und zum Abdruck zur Verfügung zu stellen. Wir bringen heute verändert und unverkürzt den mit dem 3. Preis ausgezeichnete Arbeit eines 15jährigen Schülers und im Anschluss daran das nette Brieflein einer – dreizehnjährigen Lehrerstochter, die nach betonter eigener Angabe schon mit sieben Jahren – „Philatelistin“ war. d.Red.
Unter Sammeln verstehe ich das Zusammensuchen und Zusammentragen der einzelnen Sammel-objekte. Ich beschränke mich nicht nur darauf, mir Marken schenken zu lassen, sondern kaufe auch seltenere Marken, um meine Lücken zu schließen. Der Einkauf von Marken zur Ergänzung einer Sammlung ist für jeden Sammler notwendig, da man untere geschenkten Marken selten etwas Brauchbares findet, und man diese höchstens zu Tauschzwecken verwenden kann. Große Vor und Umsicht mache ich mir zur Pflicht, denn es ist heutzutage einfach widerlich wie gewissenlose Händler die Sammelfreudigkeit und die Unkenntnis der Preise ausnutzen, um ihre Taschen zu egoistischer Weise zu füllen. Mir wird regelrecht übel, wenn ich durch die Straßen Danzigs wandere und in fast jedem Gemüsekeller Marken ausgestellt sehe, die sich größtenteils, wahrscheinlich vor Ärger über die unverschämten Preise, krümmen. Habe ich doch Marken zu folgenden Preisen eingekauft gefunden:
1 Satz Memelgebiet 260 Mark
1 Satz Oberschlesien II 100 Mark usw.
Ist das nicht Wucher? Also solche Marken, wie man sie als bunte Angelhaken überall ausgestellt findet, sammel ich nicht. Ich sammele nur die Marken der Skandinavischen Staaten. Denn nur wenn man sich spezialisiert, kann man seine Sammlung allmählich komplettieren. Nur das Feinste von Feinen, unter genauer Berücksichtigung von Farbe, Stempel und der Zähnung der Marke wird zur Aufnahme in meine Sammlung für würdig befunden. Mit Vorliebe sammele ich Marken in Blöcken und Streifen auf echt gelaufenen Briefen und Briefstücken. Doch nehme ich auch postfrische Marken, soweit sie noch zu einigermaßen annehmbaren Preisen erhältlich sind; denn hier spricht das unfreundliche Fräulein Valuta ein sehr gewichtiges Wort mit. Untergebracht habe ich meine Marken in einem Borekalbum. Zum Befestigen der Marken benutze ich Falze bester Qualität, die derart beschaffen sein müssen, dass sie von den Marken, besonders von den Postfrischen Exemplaren leicht zu entfernen sind, ohne dieselben zu beschädigen.
Nun komme ich zu dem „Weshalb“. – Ja, weshalb sammele ich Briefmarken? Diese Frage zu beantworten ist nicht so einfach. Ich möchte sagen aus Interesse am methodischen Aufbau und aus Freude an den Marken an sich. Kein Sammelsport, seien es Münzen, Möbel oder Bilder, gestattet es, auf so engem Raume Objekte zusammen zu tragen, die von Werden und Vergehen, von Wesen und Wirken fremder Staaten so beredt Zeugnis ablegen wie gerade Briefmarken. Aber nicht nur rein ideelle Gründe machen das Markensammeln so anziehend, sondern auch materielle. Kein Sammel-gebiet hat einen so festen internationalen Marktpreis wie gerade die Briefmarke. Und es ist keine leere Redensart, wenn man sagt, das das Sammeln von Briefmarken eine gute Kapitalanlage ist. Die guten alten Marken, wie z.B. die Sachsen 3 Pfennig rot, sind besser als Gold; denn hätte ich mir 500 Mark in Gold gespart, so hätte ich, wenn ich es heute verkaufen würde cirka 15 000 Mark; bei der Sachsen 3 Pfennig, bei einem Einkauf von 500 Mark, wie ich vor sechs Jahren jederzeit zwei Exemplare dafür hätte bekommen können, 30 000 Mark. Also 15 000 Mark mehr. Zum Schluss möchte ich noch bemerken, dass es schade ist, dass hier in Danzig kein Verein für uns junge Sammler existiert; denn manch einer, der nicht recht weiß, wie er das Sammeln betreiben soll und so wahl- und ziellos zu Wucherpreisen Marken zusammenkauft, könnte dadurch viel Geld sparen und die Freude am Sammeln vertiefen. Heinz Müller, Danzig-Langfuhr Ich habe schon Briefmarken vor meiner Schulzeit gerne gehabt. Mein Vater hatte eine Briefmarken-sammlung und schenkte mir diese zu Weihnachten. Das sind jetzt schon 6 Jahre her. Onkel Johann war in einer Kolonie und hat uns viele Marken geschickt. Vater sagt, von den Marken kann man Geographie aber auch Geschichte lernen und das ist wahr. Ich weiß durch die Marken viel von den anderen Ländern. Vater erklärt mir jede Marke und ich höre ganz gern von anderen Ländern und anderen Menschen; deshalb sammle ich schon über sechs Jahre. Wenn mir Religion haben, weiß ich viel vom Heidentum zu erzählen; denn ich habe einen Bogen japanischer Briefmarken; da sind Götzenbilder und japanische Buchstaben drauf, die kann ich aber nicht schreiben. Geschichte hatte ich auch dabei gelernt. Ich habe noch Marken von Preußenkönigen; denn der König von Preußen wurde erst 1871 deutscher Kaiser. Es gibt auch Länder, die keinen Fürsten haben; diese nennt man Republik. Die Briefmarken erzählen mir auch, welches Land eine Republik ist. Die Marken, die ich jetzt sammle, werden von der Geschichte erzählen, wenn ich werde alt sein. Ich sammle auch, damit die jüngeren Menschen von den Marken das lernen, was ich gelernt habe. Ich habe Bekannte, die sammeln nur, um die Marken zu verkaufen. Ich tausche auch Briefmarken und habe auch schon verkauft, um mir andere zu kaufen. Ich habe mir auch schon etwas erspart. Jeden Donnerstag freue ich mich; da bringt Herr H., der mir Klavierunterricht gibt, die „Briefmarken-Rundschau“ der Danziger Zeitung mit. Da las ich das Preisausschreiben und habe hiermit geschrieben, warum ich sammle. Irma Rottke, Katzke beiGr. Trampken

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