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>> Unser dritter Besuch in Danzig

Contag, den 1. August, spazierten vormittags die Ehepaare Sihler und Kniep durch die Langgasse, u.a. auch zum Geldwechseln in der Wechselstube. Wir sind in all den Tagen mehrere Male angesprochen worden wegen Umtausch von DM gegen Zl. Ein Mann bot uns sogar 16.000 Zl. für 1 DM. Erstaunlich - er bekommt doch in jeder Wechselstube schon für 14.250 Zl. die begehrte 1 DM. Ein Kenner der Verhältnisse gab uns die Erklärung: Der Wechsler dreht einem falsche oder ungültige Zloty-Scheine an, oder er zieht unbemerkt vom vorgezählten Wechselgeld einen größeren Schein wieder an sich.

Familie Sihler bestieg den Turm der Marienkirche, Familie Kniep besuchte den Briefmarkenhändler in der Jopengasse, woselbst wir von unserem Arge-Mitglied Jan Szuminski erkannt wurden. Er trennte sich aber bald von uns, nachdem er die turmentstiegene erschöpfte Familie Sihler begrüßt hatte, Nach einem Gang durch die Markthalle mit 12-Uhr-Geläut von der Katharinenkirche trennten wir uns auch von Familie Sihler und aßen Mittag am Fischmarkt bei Kubicki. Dies Restaurant ist schon um 1920 gegründet worden, und ich fragte den Kellner, was während des Krieges ab 1939 in den Räumen war. Der Kellner brachte eine nette ältere Dame an unseren Tisch: Die Schwiegertochter des Gründers. Der Gründer war schon vor 1939 verstorben, und sein ohn führte das polnische Restaurant bis Kriegsausbruch, wurde verhaftetnd kam im KZ Mauthausen ums Leben. Frau Kubicka hat dann einige Jahre nach Kriegsende das Lokal wiedereröffnet, ist jetzt aber nach ihren eigenen Worten "nur noch Gast im Hause". Während des Krieges war es ein Lagerhaus.

Um 15 Uhr trafen wir uns dann im Haus der Philatelie mit den polnischen Briefmarkenfreunden. Von unserer Arge Danzig waren - außer Edward Hadas -15 (!) Mitglieder vertreten, teils mit Angehörigen.

Dienstag gab es am frühen Morgen für eine kleine Abordnung von Philatelisten einen Empfang beim Präsidenten der Stadt Gdansk (= Oberbürgermeister). Edward Hadas hatte die Besichtigung des Artushofes, des Rathauses und des Postmuseums organisiert. Das Postmuseum ist im früheren polnischen Hafenpostamt Port Gdansk 1 am Hevenusplatz. - Hilde und mir war alles schon bekannt, wir unternahmen deswegen einen Spaziergang in eine mir von früher her etwas bekannte Gegend: Thornscher Weg, Weidengasse, Stiftgasse. Überraschenderweise kommt man unvermittelt aus der Speicher-, Fabriken- und Wohnhäusergegend in einen Urwald - die Bastione sind teils freies und überwuchertes Wiesengelände, teils Gärten. Vom Bastion Aussprung führt eine schmale Fußgängerbrücke nach Groß-Walddorf, und auf der Brücke stehend meint man, hier und da müsse doch ein Krokodil aus dem Wasser auftauchen. Am Nachmittag durften wir Familie Sihler auf der Schiffsfahrt zur Westerplatte begleiten und eine Stunde Sandstrand, plätschernde Wellen und Muschelsammeln genießen, bis das Schiff uns wieder zur Langen Brücke brachte.

Der Mittwoch bescherte unseren Arge-Mitgliedern, ihren Angehörigen und an-deren polnischen Gästen die Autobusfahrt zur Marienburg (der größten Burg der Welt), die weitläufig wiederhergestellt worden ist. Mach der Führung gab es Mittagessen, anschließend Fahrt nach Karthaus, wo wir die unvergleichlich schöne Klosterkirche besichtigen durften. Der Abend brachte das umfangreiche Abschiedsessen in Stolzenberg.

Donnerstag holte uns um 10 Uhr Konrad Guczalski vom Hotel ab, und unangemel-det durften wir noch unseren Dr. Kühnemann mitnehmen, sein Zug fuht erst am Nachmittag ab Gdingen. - Frau Elisabeth empfing uns in der Osterzeile, machte einen Imbiß, und wir saßen zu viert (Marie-Luise Schmidt wohnte ja dort) im Garten. Knieps machten einen Spaziergang zum Brösener Weg, wo Nr. 68 zwei Treppen hoch Karl Kniep etwa 1931/32 einige Monate bei einer Tante gewohnt hatte. Die zu jeder Wohnung im Hof gelegenen Gärten, etwa 8x8 Meter, haben noch ihre Form wie vor 60 Jahren, als sei die Zeit stillgestanden.

Nach Abschied von Elisabeth Guczalska, Marie-Luise Schmidt und Dr. Kühnemann ihr Konrad G. Hilde und mich um 13.30 Uhr zum Flughafen (anschließend auch noch Dr. K. nach Gdingen), und dank gutem ICE-Anschluß in Hamburg brauchten wir von der Wohnung Langfuhr - Osterzeile zur Wohnung Wiesbaden - Goerdelerstraße nur 8 Stunden. Dank an Ehepaar Guczalski für ihren Einsatz, Dank an Familie Hadab (besonders an Edward) für die gute Organisation, Dank an alle übrigen Helfer und last not least an Ronald van Waardhuizen für die Stiftung der Autobusfahrt!

 

Arge Danzig, Rundschreiben 165, 15.9.1994, Seite 975.


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Added: 08/11/2015
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