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Gallery » Arge Danzig, Rundschreiben 229 - 4. Quartal 2010 » Philatelistische Streifzüge durch Danzig

>> Aus alten Zeitungen und Zeitschriften

Briefmarken-Rundschau.
Beilage Nr. 7 der "Danziger Zeitung" vom 29. Juli 1920.

>> Philatelistische Streifzüge durch Danzig:
In Streifzügen durch das philatelistische Danzig ... wollen wir heute starten
und in der Folge dann in der "Briefmarken-Rundschau", soweit es Zeit und Gelegenheit gestatten, das Wissenswerteste zu skizzieren versuchen.

Am Brunshöfer Weg 45a, in Danzigs gründurchwirkter westlicher Villenvorstadt, erhebt sich, anstoßend an einen parkartig ausgestatteten Gartenhof, der große moderne Gebäudekomplex, in dem das erste Spezialpostwertzeichengeschäft des Freistaates, die vor einem Jahr gegründete ... Firma Karl Riedel ihr Heim aufgeschlagen hat. Die Giebelseite krönt ein Adler aus Stein, zwar nicht der alte Preußenaar, sondern ein flügelschlagender Vogel, in seiner Silhouette am meisten an den trotzigen Adler im mexikanischen Staatswappen gemahnend, der ja auch auf den Briefmarken der Republik im Bilde festgehalten wird. Es mag dem Inhaber der Firma täglich ins Gedächtnis zurückrufen, daß Mexiko das erste überseeische Land war, mit dem er im Frühjahr geschäftliche Verbindung, einen Markenaustausch- und Kaufverkehr zwischen Danzig und Ciudad Mexiko, anzuknüpfen vermochte, was sich mittlerweile in den Riedelschen Auswahlheften zur Freude aller Auslandssammler in Form mexikanischer Kriegsmarken aller Art kristallisieren konnte. Wenngleich die Firma als Lieferant nicht nur von Sammlern, sondern auch einer großen Händlerschaft in erster Linie bisher die Marken der Ostgebiete gepflegt hat und weiter pflegen wird, besitzt sie doch bereits ein Korrespondentennetz in fast allen Ländern. Sie ist ständig bemüht, neue Verbindungen auch in Übersee anzubahnen, Einkaufsmöglichkeiten vorzugsweise aus erster Hand ausfindig zu machen und Ware in größeren Posten zu beziehen, um jeder Konkurrenz die Spitze bieten zu können. Gerade das Auslandsammeln dürfte nach Erscheinen der bereits angekündigten neuen Münchener und Leipziger Generalkataloge nach der "großen Mode" der Kriegs-, Revolutions-und Abstimmungsmarken sehr wahrscheinlich wieder mehr in Aufnahme kommen und die Firma Riedel mit beizeiten für die zu erwartende große Nachfrage in jeder Beziehung gut gerüstet dastehen lassen. Allerdings hat Herr Riedel, was ja keinem großen Briefmarkenhändler auf die Dauer erspart bleibt, letzthin mit einer ... Londoner Briefmarkenfirma, deren Inhaber dem Namen nach Franzose ist, im Engrostauschverkehr schlechte Erfahrungen machen müssen. Der Mann läßt neuerdings überhaupt nichts mehr von sich hören, so daß gemeinschaftlich mit geschädigten Berliner Händlern und durch Vermittlung einer beim Internationalen Postwertzeichenhändlerverein angeschlossenen Londoner Markenfirma weitere Schritte gegen den unreellen Kunden eingeleitet werden mußten. In Danziger Schülerkreisen gehen allerlei Mären über die Art und Weise, wie Herr Karl Riedel, der übrigens den Krieg im Osten mitgemacht hat und neun Monate in russischer Gefangenschaft war, ehe er über Schweden ausgeliefert wurde, dazu gelangte, Briefmarkenhändler zu werden. So will die geschäftige Fama wissen, Herr Riedel habe an einer durch Zufall billig erworbenen Marke - häufig wird in dieser Verbindung von Laien dann gleich, um alles zu übertrumpfen, die berühmte blaue Mauritius genannt - ein Vermögen verdient und sei so "auf den Geschmack gekommen", sich beruflich ganz den Briefmarken zu widmen. Alles das sind unbegründete Phantasien, Herr Riedel ist vielmehr seit seinen Jugendjahren eifriger und kenntnisreicher Sammler, den die Liebe zur Philatelie nach Friedensschluß dazu trieb, sich auf diesem zeitgemäßen Gebiet eine eigene Existenz zu schaffen.

Die Firma, die seit einigen Monaten auch in Danzigs verkehrsreichster Gegend, am Kohlenmarkt 8, eine eigene Verkaufsstelle unterhält, beschäftigt neben dem ... Prokuristen, Herrn Joachim Giebeler aus Danzig, bereits ein größeres Personal, und ein weiterer Ausbau der Handlung - man spricht von einer neuen Geschäftsstelle auch an einem Hauptorte Deutschlands - ist geplant. In diesen Tagen beabsichtigt übrigens Herr Giebeler, eine Einkaufs-Rundreise durch Deutschland anzutreten, um der Firma angebotene größere alte Sammlungen und Dublettenlager zu besichtigen und zu erwerben, was dem Danziger Kundenkreise der Firma in erster Linie zugute kommen wird. ... Zur Zeit erfreut sich das von der Firma neu zusammengestellte Spezialpaket "Danzig I", das 76 verschiedene Marken, dabei eine Reihe kompletter Sätze, in guter Erhaltung enthält, besonderer Beliebtheit. Demnächst sollen zur Ergänzung weitere Paketzusammenstellungen mit anderen Marken folgen, wie uns die Firma mitteilt, so dass mit der Zeit auf diesem Wege eine kleine interessante Sammlung für sich aufgebaut werden kann. (Viator)

Arge Danzig, Rundschreiben 229, Seite 2094.


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Added: 28/10/2010
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