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>> Der interessante Beleg

Teil der Briefrückseite mit Ankunftstempel 22.9.30 nach dem Rückflug
Der Wimpel ist das Zeichen des Norddeutschen Lloyds

Da ein regelmäßiger Luftpostverkehr nach Nordamerika in der damaligen Zeit aus technischen Gründen noch nicht durchgeführt werden konnte, machte die Deutsche Reichspost zur größeren Beschleunigung der Postbeförderung zunächst von einer Zwischenlösung Gebrauch. In Zusammenarbeit mit der Lufthansa und dem Norddeutschen Lloyd entschied sich die Deutsche Reichspost für die Einrichtung von Schleuderflügen, d. h. Flugzeugkatapultstart von Bord eines Dampfers.

Mit lebhaftem Interesse verfolgte deshalb die Öffentlichkeit des In- und Auslands den Bau der beiden Schnelldampfer „Bremen (51731 BRT) und "Europa" (49746 BRT), die am 15. und 16. August 1928 vom Stapel liefen. Für den damaligen Stand der Technik waren die Dampfer Wunderwerke der Schiffsbaukunst. Die Indienststellung der "Bremen" erfolgte am 16.Juli 1929, die der „Europa“ aber erst am 19.März 1930, da sich die Übergabe des Schiffes durch einen Brand an Bord des fast fertigen Neubaus verzögerte.

Ungefähr in der Mitte des Schiffes, zwischen den beiden Schornsteinen, wurde die Katapult-Anlage aufgebaut. Sie bestand aus einer 27 m langen Schien enbahn, die nach beiden Seiten des Schiffes schwenkbar war und dem Wasserflugzeug die Möglichkeit gab, von seinem 25 m hohen Standpunkt gegen jede Windrichtung zu starten. Auf der kurzen Startbahn war ein Startschlitten angebracht, auf dem das Flugzeug ruhte. Der Startschlitten, der durch Pressluft in 1,5 sec. 25 m nach vorn geschleudert wurde, gab dennötigen Antrieb, sodass sich das Flugzeug mit eigener Motorenkraft in der Luft halten konnte. Die Startgeschwindigkeit des Schlittens betrug 90 km/Std. Er wurde kurz vor Ende der Startbahn durch Abbremsen mit Pressluft angehalten.

Für den Dampfer "Bremen" war ein Heinkel-Schwimmflugzeug (He 12) mit einem Gesamtfluggewicht von 2600 bis 2800 kg geliefert worden. Es war mit einem 450 PS-Motor ausgerüstet und konnte außer dem Flugzeugführer und dem Bordfunker bei einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 190 km/Std. etwa 200 kg Post mitführen. Am 16. Juli 1929 erfolgte die erste Fahrt der "Bremen" nach Amerika, und am 22. Juli 1929 –ca. 180 Seemeilen vor New York – erfolgte der erste Start des Postflugzeugs „D 1717“ von Bord der „Bremen“. Der Pilot und der Funker nahmen in der Maschine Platz. Die Zuladung bestand aus 6 Sack Post. Um 13.05 Uhr schoss das Flugzeug über die Schienenbahn. Es stand in ständiger Funkverbindung mit dem Schiff. Nach einem störungsfreien Flug landete "D 1717" im New Yorker Hafen an der Pier des Norddeutschen Lloyd. Auf den weiteren Fahrten der "Bremen" wurde die Reihe der Versuchsflügefortgesetzt.

Auch die „Europa“ wurde mit einer Flugzeug-Katapultanlage ausgestattet. Der erste Flug des Flugzeuges "D 1919" am 15.9.30 fand bereits am Tage vor Eintreffen des Schiffes in New York statt und führte über Sidney (Neuschottland) nach New York. Die Gesamtstrecke des Fluges betrug 2585 km, die in etwa 18 Stunden Flugzeit zurückgelegt wurden. Der Vorsprung vor der gewöhnlichen Schiffspost erhöhte sich auf 2 Tage.

In den folgenden Jahren erfolgten von beiden Schiffen mehr als 200 Katapultstarts. Um die Geschwindigkeit der Schiffe auch dem Postverkehr nutzbar zu machen, wurden von der Deutschen Reichspost auf beiden Schiffen deutsch-amerikanische Seeposten eingerichtet.

Ab Mai 1931 wurden die deutschen Katapultflüge Schleuderflüge genannt. Am 2.10.1935 erfolgte der letzte Start eines Katapultflugzeuges von der "Europa" und am 9.10.1935 von der „Bremen“.
Martin Jenrich


Arge Danzig, Rundschreiben 250, 1. Quartal 2016, Seite 2820.


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Added: 03/01/2016
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