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Gallery » Arge Danzig, Rundschreiben 235 - 2. quartal 2012 » Die letzte Ausgabe der Danziger Marken

Aus alten Zeitungen und Zeitschriften:
[Vorgelegt von Ronald van Waardhuizen, Tel. 00323-2251616; E-Mail: ronny@danzig.org]

Briefmarken-Rundschau
Beilage Nr. 13 der "Danziger Zeitung" vom 9. September 1920.

Die letzte Ausgabe der Danziger Marken.
Von Th. Reimann.

>> Bringt man sie aber in den Verkehr, dann müßten mindestens so viele Marken vorhanden sein, daß jeder Käufer derselben so viel erhält, dass er damit auch einen Brief frankieren kann. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Beliebtheit, der sich die Danziger Marken in Sammlerkreisen erfreuen, brachte es mit sich, daß gebrauchte Werte ganz besonders gesucht wurden. Endlose Polonaisen an den Schaltern geben davon Zeugnis. Wie herbe war die Enttäuschung, als jeder Käufer nur eine Marke (der kleinsten Werte) erhielt. Eine geradezu gereizte Stimmung des Publikums machte sich bemerkbar, als nach etwa 2 Stunden an den Schaltern ein Aushang erschien, der bekannt machte, dass 2, 2 ½, 30 und 50 Pfennigmarken ausverkauft seien, obwohl diese Werte nur in einem Stück jeder Sorte abgegeben wurden. Im günstigsten Falle konnte man nun nach stundenlangem Anstehen eine Marke zu 3, eine zu 7 ½ und beliebige Mengen zu 40 und 80 Pfennig erhalten.

Ob es seitens der Post berechtigt ist, für eine 7 ½ Pfennig-Marke 8 Pfennig zu nehmen, soll hier nicht untersucht werden; es müßte jedenfalls aber richtiger gewesen sein, den Verkauf der 7 ½ Pfennig-Marke einzustellen, sobald die 2 ½ Pfennig-Marke ausverkauft war, der man hätte nunmehr 2 Stück der 7 ½ Pfennig-Marken abgeben müssen. An einem Postamt erhielt man sogar die kleinen Werte überhaupt nicht, wenn man nicht auch die noch vorhandenen höheren Werte kaufte. Auch das trug viel dazu bei, das Publikum zu reizen, und der Unmut machte sich in Ausdrücken bemerkbar, von denen ich hoffe, dass keiner der Herren der Stadtverwaltung sie gehört hat... Stellten sich bei der Ausgabe der ersten Danziger Marken unliebsame Zustände ein, so konnte man das darauf zurückführen, daß die Danziger Postverwaltung von der Reichsdruckerei in Berlin abhängig war. Die Herstellung der letzten Ausgabe vollzog sich aber in Danzig und man hatte dadurch die Möglichkeit, die sich bei der ersten Ausgabe zeigenden Übelstände zu vermeiden. Das Gegenteil davon trat ein. Laut Bekanntmachung im „Postnachrichtenblatt“ wurden ferner die Werte 60 Pfennig, 1 Mark und 2 Mark (mit einem zum Teil anderen Aufdruck versehen) verausgabt. Am selben Tage, als die letzte Ausgabe in den Verkehr gelangte, prangte im Schaufenster eines Zigarrengeschäftes in der Töpfergasse ein ungebrauchter Satz Danziger Briefmarken mit den Werten von 2 Pfennig bis 10 Mark und – man lese und staune – auch mit den Werten 60 Pfennig, 1 Mark und 2 Mark (ungebraucht), die nur im inneren Postverkehr verwendet werden sollten. Dieser Satz kostete am Montag 300 M, am Dienstag 400 M und wird heute mit 730 M und mehr darüber angeboten... Sieht man als Sammler so ein Stück ungebraucht, dann hat man die Empfindung, dass es mit dem „inneren Verkehr“ nicht weit her ist und daß man, wenn man Geld hat, auch diese „inneren“ Marken wird bekommen können. Bei all diesen Umständen wird der Sammler den Gedanken nicht los, daß hier auf die Taschen der Sammler spekuliert worden ist... Bei dieser Gelegenheit möchte ich der weit verbreiteten Ansicht entgegen treten, daß die jetzigen unmöglichen Zustände nur auf Sammelwut zurückzuführen sind. Wer sich die Mühe macht und auf den Postämtern den Betrieb an den Schaltern beobachtet, der wird finden, dass Leute dort Marken kaufen, die vom Markensammeln gar keine Ahnung haben. Diese Leute, zumeist Ausländer, verpflichten gegen Bezahlung Kinder, die sie von der Straße holen, damit sie möglichst viel Marken aufkaufen, um sie im Auslande mit Wucherpreisen weiter zu verkaufen. Diesen Spekulanten müßte in erster Linie das Handwerk gelegt werden! Es wird dies auf Schwierigkeiten stoßen, aber mindestens wird man es durchsetzen können, dass man an Kinder nicht mehr Marken abgibt, als sie für ihren Bedarf gebrauchen. Zehn Sätze werden das sicher nicht sein.

Um aber auch die Sammler von der Post zu entfernen, wäre es leicht durchführbar, der am Orte befindlichen Sammlervereine so viel Sätze zur Verfügung zu stellen, die sie anmelden. Es würde damit der Post und auch den Sammlern geholfen sein, und es würde damit auch der Schleichhandel gesteuert, denn man kann gerade die Werte, die heute an den Schaltern nicht mehr zu haben sind, zeitgemäß „hintenherum“ bogenweise für den zehnfachen Betrag und mehr erstehen. – Man wird mir entgegnen, daß dann auch die Spekulanten den Vereinen beitreten würden. Um dem vorzubeugen, möchte ich bemerken, daß in die Vereine nur Leute aufgenommen werden, die als Markensammler bekannt sind und über die ausreichende Erkundigungen eingezogen werden, ehe sie Mitglied werden.

Diese Zeilen entstanden nicht, um an der Postverwaltung unfruchtbare Kritik zu üben, sondern sie wollen bemüht sein, die Behörde darauf aufmerksam zu machen, wie so manches bei Ausgabe neuer Marken besser zu gestalten ist.

Arge Danzig, Rundschreiben 235, Seite 2296.


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Added: 02/05/2012
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