>> Stempelbetrachtungen mit kritischen Augen Teil 2
(Willi Deininger, Tel. 06081/41359)
Selbst bei einem Konstrukt mit zusätzlicher Luftpost-Beförderung ins Ausland läßt sich die Frankatur von 200 Mio nicht erreichen. Die Hypothese einer möglichen Vorläuferausgabe muß also verworfen werden!
Übrig bleibt die Erkenntnis: Dies ist eine üble Fälschung, die in der Zeit von November 1923 bis Anfang 1930 hergestellt wurde.
Wer sind nun die Nutznießer dieser Manipulation?
Ganz sicher der Fälscher und ein willfähriger Postbeamter der Danziger Hauptpost.
Sodann der/die Vorbesitzer, der Prüfer, der Einlieferer, der Versteigerer und nicht zuletzt das Wiesbadener Finanzamt.
Leidtragender ist ein argloser gutgläubiger Sammler, der nach Lektüre dieser Zeilen um 600 € (Zuschlag 500 € + Nebenkosten) ärmer und um eine bittere Erfahrung reicher geworden ist.
Dem Kataloghinweis „Mi ohne Preis“ wäre noch hinzuzufügen: „Kein Wunder“ !
2. Gerade bei den überdruckten Portomarken Nr. 26 bis 29 ist auf Grund der hohen Auflagezahlen und der zeitlich stark eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten mit äußerster Vorsicht und gesundem Mißtrauen bei „echt“ gestempelten Marken zu reagieren. Zwar waren sie vom 1.10 bis 2.11.1923 gültig, doch konnten sie auf Grund aufeinanderfolgender Portoerhöhungen kaum mehr postalisch genutzt werden. Die Marken waren schon einen Monat vorher gedruckt worden, konnten aber wegen der überlasteten Zähnungsmaschine nicht rechtzeitig verausgabt werden.
Bedarfsverwendete Stücke sind bislang bei sorgfältig ausgetüftelten Unterfrankaturen durch Berufsphilatelisten bekannt geworden.
Die zeitgerecht entwerteten und geprüften Stücke sind somit als Gefälligkeitsentwertungen in der Zeit vom 1.10. bis 2.11.1923 entstanden.
Spätere Daten sind Fälschungen.
Bei der 75. Versteigerung des Auktionshauses Dr. Reinhard Fischer, Bonn, vom 26. Februar 2005 wurde diese Nr. 28 I als Los-Nr. 5826 mit folgender Beschreibung für 850 € angeboten:
50000 a. 500 M mit rußigem Aufdruck, FA Oechsner BPP – „zeitgerecht entwertet, echt und einwandfrei“
Zu erkennen ist gerade einmal der obere Teil des Abschlags „Oliva, c, Freie Stadt Danzig“, be-schrieben im Stempelkatalog auf Seite 3 – 139 als Nr. 10.0. Die Verwendungszeit des Stempels vom 13.7.1921 bis 11.10.1925 deckt die Gültigkeitsspanne der Marke ab.
Folgende Fragen stellen sich:
- Wie kann ohne eine einzige Ziffer auf der Marke auf ein Stempeldatum im Oktober / November 1923 geschlossen werden?
- Welche bislang unbekannten Sekundärmerkmale lassen den Prüfer auf eine „zeitgerechte“ Entwertung schließen?
- Ist es denkbar, daß die abgebildete Marke den oberen Teil eines senkrechten Paares dar-stellt, das zuvor getrennt wurde, und die untere Marke oben die Datumsbrücke mit dem Zusatz „Freie Stadt Danzig“ zeigt?
- Gibt es irgendwo das passende „Unterstück“ mit dazugehörigem Fotoattest?
Dem Zuschlag von 850 € entspricht ein Einstandspreis von 1021,60 € ohne Versandkosten.
Fürwahr ein (zu) hoher Preis für dieses Rätsel!
Arge Danzig, Rundschreiben 213, 2006, Seite 1575.
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Added: 09/02/2008
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