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Gallery » Arge Danzig, Rundschreiben 230 - 1. Quartal 2011 » Das Gerichtsurteil in Wroclaw

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"Sind Sammler polnischer Philatelie alle Verbrecher?"
- Das Gerichtsurteil in Wroclaw -
[Michael Schweizer, Moltkestrasse 19/1, 73257 Koengen, E-Mail: www.schweizer-welcome.de]

>> Inzwischen wurde das Kulturgesetz so geändert, dass Sammlungen und Stücke unter einem "kulturhistorischen Wert" von 16.000 Zloty (ca. 4.000 Euro) ohne Ausfuhrgenehmigung ins Ausland gebracht werden dürfen. Aber: Was ist ein kulturhistorischer Wert?

Da in laufenden Gerichtsverfahren immer die neueste Gesetzeslage anzuwenden ist, wurden zum geplanten Urteilstermin nochmals der Militärexperte und der philatelistische Sachverständige geladen. Die Aussagen der beiden Sachverständigen führten aber auch nicht zu einer "kulturhistorischen" Bewertung, und es wäre nun ein neues Gutachten erforderlich gewesen. Der Richter lehnte alle Anträge meines Anwaltes ab und verlangte die Schlussplädoyers.

Die Staatsanwaltschaft forderte 1 Jahr Haft auf 3 Jahre Bewährung, 10.000 Zloty Strafe und die Übernahme der Prozesskosten in Höhe von ca. 25.000 Zloty.

Zur Erinnerung: Es handelt sich um 255 Massenbelege aus dem General-Gouvernement im Marktwert von ca. 1200-1500 Euro.

Mein Anwalt forderte Freispruch, da von der Staatsanwaltschaft keine Schuld bewiesen wurde, die Beweislast umgekehrt wurde (auf den Angeklagten), die Gesetzeslage sich verändert hat und der "kulturhistorische Wert" für Massenware nicht annähernd an 16.000 Zloty herankäme.

Das Gericht verkündete nach kurzer Zeit sein Urteil:
Freispruch 1. Klasse (nicht 2. Klasse aus Mangel an Beweisen), Rückgabe der Belege und eine Anwaltskosten-Entschädigung von 50 Euro je Prozesstag (eine kleine Summe im Vergleich zu den tatsächlichen Anwalts-, Reise-, Übernachtungs- und Übersetzungs-kosten etc. in Höhe von ca. 3.500 Euro).

Die Begründung ist allerdings für Sammler polnischer Philatelie sehr interessant.

Zusammengefasst sagte der Richter:
Das geänderte Gesetz muss wohl in dem Sinne geändert worden sein, dass ein Tausch über Grenzen hinweg bis zu einem bestimmten Wert im Sinne des Gesetzgebers ist. Nach alter Gesetzgebung, die nur unbeschränkte Einfuhr und keine Ausfuhr zulässt, hätte ich zur Einbehaltung der Belege als Kulturgut der Polen verurteilt werden müssen (unabhängig von Schuld oder Nichtschuld).

Ich fühle mich damit vollständig rehabilitiert, wenn das Ganze auch sehr viel Geld und Nerven gekostet hat. Wenn ich bei einer auf der alten Gesetzgebung beruhenden Gesetzeslage verurteilt worden wäre, hätte mir mein Anwalt eine Klage vor dem EU-Gerichtshof für Menschenrechte empfohlen.

Trotz dieser neuen "Freigrenze" empfehle ich allen Sammlern: Vorsicht bei der Ausfuhr von Waren, die älter als 50 Jahre sind. Der "kulturhistorische Wert" ist nirgends definiert und niemand (auch in Polen) weiß zurzeit, wie sich dieser Wert von ca. 4000 Euro errechnet. Man geht davon aus, dass dies der Wert sein könnte, den ein Museum dafür bezahlen würde. Aber wie in Deutschland
haben die Museen kein Geld.

Und jeden Fall über einen Sachverständigen eines Museums bewerten zu lassen, ist auch sehr aufwändig. Das Gesetz ist also für Philatelisten nicht unbedingt eine Erleichterung bei der Ausfuhr, aber es gibt einem wenigstens nach einiger Zeit und einigen Kosten eines Tages Recht.

Damit ist der Fall für mich abgeschlossen. Ich hoffe, die Gespräche des BDPh mit dem Polnischen Philatelistenverband gingen in eine ähnliche Richtung. Ich würde mich freuen, aus diesen Gesprächen eine Kurzinformation zu bekommen.

Die Zusammenfassung zum obigen Titel lautet also: Nein es sind keine Verbrecher, jedoch kann das für einige Zeit schon unterstellt werden, und es braucht viel Zeit, Nerven und Geld, um es nicht zu sein.

Ich würde mich freuen, wenn in der "Philatelie" das neue Gesetz kurz angesprochen werden würde und die Sammler damit aktuell informiert sind. Es war zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt.


Arge Danzig, Rundschreiben 230, Seite 2143.


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Added: 07/01/2011
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