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Sachbeiträge, Berichte

Aus alten Zeitungen und Zeitschriften ...

diesmal aus „Der Briefmarkenfreund“ –Zeitschrift für Briefmarkensammler –
2. Jahrgang, Heft 11, November 1934
monatlich herausgegeben von Johannes Rudolph, Jena
Die Briefmarken Danzigs, ein Spiegel seiner Geschichte
O. Konschewsky, Bergfelde

An einem unfreundlichen, regnerischen Oktobersonntag holte ich kürzlich meine Deutschlandsammlung hervor. Ich wollte keine Neuerwerbungen einordnen, sondern mir meine Danzigsammlung einmal in Muße betrachten und mich daran erfreuen. Sie ist bis auf die seltenen drei Innendienstmarken ohne Lücken, denn Danzig ist eben bis auf diese Ausnahmen verhältnismäßig leicht vollständig zusammenzutragen. Ich betrachte die kleinen, feinen Zeichnungen, die Bildchen, die Reihen der verschiedenen Ausgaben genauer, dazu die Erläuterungen über den Anlaß zur Entstehung und Zeitpunkt derselben. Danzigs Geschichte liegt da vor mir aufgeschlagen. Wie in den Zeilen eines Buches ist sie hier in und zwischen den Markenreihen aufgezeichnet. Ich beginne darin zu lesen.

Über der ersten Markenreihe steht „14.6.1920, I. (sog. Berliner) Ausgabe“. Seit diesem Tag hat Danzig eigene Briefmarken. Infolge der Unterzeichnung des Vertrages von Versailles schied es aus dem Verbande des Deutschen Reiches aus. Es wurde zum selbständigen Freistaat erklärt, mit eigener Verfassung und Hoheitsrechten, die jedoch zugunsten Polens erheblich beschnitten wurden, obgleich nur 6 % der Bevölkerung Polen sind. Dies geschah bereits ein halbes Jahr vor Erscheinen der ersten Danziger Briefmarken am 10.1.1920. Während dieser Zeit waren noch die Marken des Deutschen Reiches im Verkehr. Briefstücke und Ganzbriefe mit diesen Marken und deutlichen Stempeln von Danzig oder den vom Freistaat Danzig unterhaltenen Postämtern (etwa 150) aus der Zeit vom 10. 1. 1920 bis zum Schluß ihrer Gültigkeit am 19.7.1920 sind also als Vorläufer zu betrachten und verdienen, gesammelt zu werden, genau wie die Vorläufer von Auslands- und Kolonialpostämtern auf deutschen Marken oder denen anderer Länder. Da könnte ich also meine Danzigsammlung noch sehr schön erweitern. Das gibt ein wunderbares, dankenswertes Spezialgebiet.

Ich blicke wieder in mein Album. Die erste Ausgabe bringt noch die postläufigen Germaniamarken des deutschen Reiches mit schwarzem, waagerechten Überdruck „Danzig“. Es ist, als ob aus dieser Markenreihe ein Treuebekenntnis klingt: „Danzig ist und wird deutsch bleiben! Danzig ist gewaltsam vom Mutterlande getrennt!“ Dies bekräftigen noch die weiteren Ausgaben, die Sternprovisorien, die Gruppe mit schrägem Aufdruck, die Markwerte mit wellenförmigem Unterdruck und die drei Flugpostwerte. Wieder werden noch Germaniamarken verwand, wieder bekennt sich Danzig zum Deutschtum. Schon sein Name (von Godanske – Gotenstadt) weist ja darauf hin, daß es sich um eine echt ger-manische Gründung handelt. Bereits 997 wird es genannt, als sich der Bischof Adalbert von Prag ins Land wagte, um die Heiden zum Christentum zu bewegen, aber von ihnen erschlagen wurde. 1236 wird es als deutsche Stadt begründet. Daß man Danzig nun zur Freien Stadt erklärt hat, bedeutet für sie, ähnlich wie vor etwa 125 Jahren im Tilsiter Frieden, wieder nur ein recht unerfreuliches Geschenk. Auch damals wurde es eine Freie Stadt, blieb aber französischer Waffenplatz; heute steht es unter der Oberhoheit Polens, welches Eisenbahn, Post und Telegraph überwacht. 1925 nahm sich Polen sogar das Recht, im Hafengebiet der Stadt auf der Westerplatte ein eigenes Postamt für den Verkehr nach Polen einzurichten. Damit übte ein fremder Staat innerhalb des Hoheitsgebietes eines selbständigen Staates wider Recht und Vertrag ein Hoheitsrecht aus. Der Streit wurde trotzdem durch den Haager Gerichtshof und den Völkerbund zu Gunsten Polens entschieden. Es wurden polnische Briefmarken mit dem Aufdruck „Port Gdansk“ verwand, aber auch andere polnische Marken ohne Aufdruck. Diese Ausgabe der „Polnischen Post in Danzig“ gehört höchstens als schwarzes Blatt in der Geschichte Danzigs in eine Deutschlandsammlung.

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Arge Danzig, Rundschreiben 210, Seite 1477.


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Added: 08/02/2008
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